Informationen zur neuen Freistellungsoption nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG
Die neue Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG bietet in Fällen geringer steuerlicher Bedeutung, die Möglichkeit, die Abzugsteuer nach § 50a Einkommensteuergesetz (EStG) zu ermäßigen oder die Vergütung vollständig freizustellen, ohne dass für den Einzelfall ein Antrag auf Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG gestellt werden muss.
Die Freistellungsoption besteht in Fällen der Vergütungen für Rechteüberlassungen gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, die nach dem 31. Dezember 2021 gezahlt werden. Dazu zählen alle Vergütungen in Geld oder Geldeswert (z.B. Sachbezüge und Tauschgeschäfte). Ein gesonderter Antrag ist nicht erforderlich. Die Vereinfachung besteht im Wesentlichen darin, dass kein Freistellungsantrag des ausländischen Vergütungsgläubigers erforderlich ist, sondern der Vergütungsschuldner den Steuerabzug insoweit nicht vornehmen muss oder nach einem niedrigeren Steuersatz vorzunehmen hat. Letzteres ist der Fall, wenn das betroffene Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) in seinem Lizenzartikel einen sogenannten Reststeuersatz enthält. Diese neue Freistellungsoption unterliegt einer Freigrenze.
Voraussetzungen
Freistellungsoption für Zahlungen nach dem 31. Dezember 2021 und vor dem 01.01.2024:
Der Vergütungsschuldner muss die Abzugsteuer nach § 50a EStG zwar anmelden, ist aber nicht verpflichtet, sie einzubehalten und abzuführen, wenn er im laufenden Kalenderjahr an einen Vergütungsgläubiger Vergütungen i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG zahlt, die die Freigrenze von 5.000 EUR insgesamt nicht übersteigen. Diese Freistellung ist für Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, die nach dem 31. Dezember 2021 gezahlt werden, anwendbar.
Die Option entfällt rückwirkend mit der Zahlung, mit der die Freigrenze überschritten wird. In diesem Fall besteht die Verpflichtung, den Steuerabzug für diese, alle bereits erfolgten und zukünftigen Zahlungen an diesen Vergütungsgläubiger im laufenden Kalenderjahr einzubehalten und abzuführen. Für alle bereits erfolgten Zahlungen ist die Steuer nachträglich abzuführen.
Freistellungsoption für Zahlungen nach dem 31. Dezember 2023
Der Vergütungsschuldner muss die Abzugsteuer nach § 50a EStG zwar anmelden, ist aber nicht verpflichtet, sie einzubehalten und abzuführen, wenn er im laufenden Kalenderjahr an einen Vergütungsgläubiger Vergütungen i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG zahlt, die die Freigrenze von 10.000 EUR insgesamt nicht übersteigen. Diese Freistellung ist für Vergütungen im Sinne des § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG, die nach dem 31. Dezember 2023 gezahlt werden, anwendbar.
Sollte die Freigrenze überschritten werden, ist es erforderlich, für alle weiteren Zahlungen im laufenden Kalenderjahr an diesen Vergütungsgläubiger einen Steuerabzug vorzunehmen. Für alle Zahlungen, die vor der Überschreitung der Freigrenze getätigt wurden, ist kein nachträglicher Steuerabzug erforderlich.
Pflichten der Vergütungsschuldner
Es ist zu beachten, dass die Anmeldeverpflichtung nach § 50a Abs. 5 Satz 3 und 4 EStG unberührt bleibt.
Der Vergütungsschuldner hat bei der Anwendung der Freistellungsoption bei jeder einzelnen Vergütung anhand des einschlägigen DBA zu prüfen, ob er den Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG ganz oder teilweise unterlassen darf. Das gilt für die Ansässigkeit des Lizenzgebers im DBA-Staat ebenso wie für etwaige Reststeuersätze im DBA. Für die Prüfung kann die Reststeuersatzliste zur Hilfe genommen werden.
Zu beachten ist, dass der Vergütungsschuldner bei fehlerhafter Anwendung der Freistellungsoption nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG in Haftung genommen werden kann.
Formulare und Merkblätter
Fragen & Antworten
Wer kann auf die Einbehaltung und Abführung der Abzugsteuer verzichten?
Jeder Vergütungsschuldner, der Vergütungen für Rechteüberlassungen nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG zahlt, kann die Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG in Anspruch nehmen.
Ab wann gilt die Freistellung?
Für Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2021 und bis zum 31. Dezember 2023 gezahlt wurden gilt die Freistellungsoption in Höhe von 5.000 Euro. Die Option entfällt rückwirkend mit der Zahlung, mit der die Freigrenze überschritten wird. In diesem Fall besteht die Verpflichtung, den Steuerabzug für diese, alle bereits erfolgten und zukünftigen Zahlungen an denselben Vergütungsgläubiger im laufenden Kalenderjahr einzubehalten und abzuführen. Für alle bereits erfolgten Zahlungen ist die Steuer nachträglich abzuführen.
Für Vergütungen, die nach dem 31. Dezember 2023 gezahlt wurden gilt die Freistellungsoption in Höhe von 10.000 Euro. Sollte die Freigrenze überschritten werden, ist es erforderlich, für alle weiteren Zahlungen an denselben Vergütungsgläubiger im laufenden Kalenderjahr einen Steuerabzug vorzunehmen. Für alle Zahlungen, die vor der Überschreitung der Freigrenze getätigt wurden, ist kein nachträglicher Steuerabzug erforderlich.
Was ist der Unterschied zum Freistellungsverfahren nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG?
Die Anwendung der Freistellungsoption ist ein vereinfachtes Verfahren. Die Vereinfachung besteht darin, dass der ausländische Vergütungsgläubiger keinen gesonderten Freistellungsantrag stellen muss, soweit die Freigrenze von 10.000 EUR nicht überschritten wird. Damit entfällt auch die (Ansässigkeits-)Bestätigung der ausländischen Steuerbehörde über die Berechtigung zur Inanspruchnahme der Steuerentlastung nach DBA. Es ist keine Mitwirkung des ausländischen Vergütungsgläubigers erforderlich.
Was muss der Vergütungsschuldner prüfen, damit er nicht verpflichtet ist, die Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen?
Bei der Vergütung handelt es sich um Einkünfte des beschränkt Steuerpflichtigen für eine Rechteüberlassung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f) aa), Nr. 6 oder Nr. 9 EStG, die grundsätzlich dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG unterliegen.
Die Zahlung erfolgte nach dem 31. Dezember 2023.
Das Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des ausländischen Vergütungsgläubigers sieht ein (volles oder teilweises) Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates des Vergütungsgläubigers vor.
Die Vergütung zuzüglich der dem beschränkt Steuerpflichtigen in demselben Kalenderjahr vom Vergütungsschuldner bereits zugeflossenen Vergütung übersteigt den Betrag von 10.000 EUR nicht.
Was ist zu tun, wenn die Vergütung die Freigrenze überschreitet?
Mit der Zahlung, mit der die Freigrenze überschritten ist, kann die Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht mehr angewendet werden. Der Vergütungsschuldner muss bei allen zukünftigen Vergütungen an denselben Vergütungsgläubiger den Steuerabzug durchführen und die Abzugsbeträge anmelden und abführen. Dies gilt für zukünftige Zahlungen in demselben Kalenderjahr.
Beispiel 1:
Der Vergütungsschuldner S und der Vergütungsgläubiger G haben einen Vertrag über die Überlassung von Urheberrechten geschlossen. Hierfür zahlt S eine Vergütung von 20.000 Euro. Laut Vertrag sind die Zahlungen wie folgt zu leisten:
Am 1. März 2024: 5.000 Euro
Am 1. Juni 2024: 5.000 Euro
Am 1. September 2024: 5.000 Euro
Am 1. Dezember 2024: 5.000 Euro
Lösung:
Bis zur zweiten Zahlung wird die Grenze von 10.000 Euro nicht überschritten. Der Steuerabzug kann unterbleiben, Steueranmeldungen sind jedoch abzugeben. Mit der dritten Zahlung wird die Grenze überschritten. Damit hat S den Steuerabzug ab der dritten Zahlung durchzuführen und die Abzugsbeträge anzumelden und abzuführen. Die Steuer für die vierte Zahlung ist ebenfalls normal anzumelden und zu entrichten.
Beispiel 2 (1. Abwandlung):
Der Sachverhalt entspricht dem Beispiel 1, jedoch werden andere Zahlungsvereinbarungen getroffen:
Am 20. September 2024 8.000 Euro
Am 20. Februar 2025 6.000 Euro
Am 20. Juli 2025 6.000 Euro
Lösung:
Die erste Zahlung liegt unter der Freigrenze von 10.000 Euro. Der Steuerabzug im 3. Quartal 2024 kann unterbleiben, eine Steueranmeldung ist jedoch abzugeben. Auch die zweite Zahlung überschreitet die Grenze nicht, da sie im Folgejahr geleistet wird. Erst die dritte Zahlung übersteigt die Freigrenze für das Jahr 2025. Ab der dritten Zahlung ist ein Steuerabzug für den gesamten Betrag von 6.000 Euro vorzunehmen.
Beispiel 3 (2. Abwandlung):
Der Sachverhalt entspricht dem Beispiel 1, jedoch ist die gesamte Vertragssumme am 30. November 2024 zu zahlen.
Lösung:
Diese Zahlung überschreitet die Grenze von 10.000 Euro. Damit hat S für die gesamte Vertragssumme den Steuerabzug durchzuführen.
Beispiel 4:
Der Vergütungsschuldner S und der Vergütungsgläubiger G haben zwei Verträge über die Überlassung von Urheberrechten geschlossen. Hierfür zahlt S am 1. Mai 2024 für den ersten Vertrag eine Vergütung von 8.000 Euro und am 1. Oktober 2024 für den zweiten Vertrag ebenfalls eine Vergütung von 8.000 Euro.
Lösung:
Die Zahlung für den ersten Vertrag liegt unter der Grenze von 10.000 EUR. Der Steuerabzug kann unterbleiben, eine Steueranmeldung ist jedoch abzugeben. Mit der Zahlung für den zweiten Vertrag wird die Grenze überschritten. Damit hat S für die zweite Zahlung den Steuerabzug durchzuführen. Es ist unerheblich, dass es sich um zwei verschiedene Verträge handelt, da alle dem beschränkt Steuerpflichtigen von einem Vergütungsschuldner bereits zugeflossenen Vergütungen in demselben Kalenderjahr bei der Prüfung der Freigrenze zu berücksichtigen sind.
Was ist zu veranlassen, wenn das DBA einen Reststeuersatz ausweist?
Sieht das entsprechende DBA eine Besteuerung der Einkünfte aus einer Rechteüberlassung nach § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG mit einem Reststeuersatz vor, hat der Vergütungsschuldner die Abzugsteuer für die Vergütung in Höhe des Reststeuersatz einzubehalten und abzuführen, soweit die Vergütung die Freigrenze nicht überschritten hat. Ein Solidaritätszuschlag von 5,5 % ist in diesen Fällen nicht zu berücksichtigen
Wenn der Betrag von 10.000 EUR überschritten wird, ist der volle Steuersatz bei der Ermittlung der Abzugsteuer für sämtliche Zahlungen zugrunde zu legen.
Beispiel 5:
Sachverhalt wie Beispiel 4 mit der Ergänzung, dass das betreffende DBA einen Reststeuersatz von 5% ausweist.
Lösung:
Die Zahlung für den ersten Vertrag liegt unter der Grenze von 10.000 EUR. Der Vergütungsschuldner kann die Abzugsteuer für diese Vergütung in Höhe von 5%, d.h. 400 EUR vornehmen. Mit der Zahlung für den zweiten Vertrag wird die Grenze überschritten. Damit hat S für die zweite Zahlung den Steuerabzug i.H.v. 15 % durchzuführen.
Ist eine Steueranmeldung beim BZSt auch dann abzugeben, wenn keine Steuer einzubehalten ist?
Die Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG betrifft nur die Verpflichtung zum Einbehalt und zur Abführung der Steuer. Der Vergütungsschuldner ist auch dann zur Steueranmeldung verpflichtet, wenn er keine Steuer einzubehalten und abzuführen hat (§ 50c Abs. 2 Satz 2 EStG).
Wer entscheidet, ob für Zahlungen die Verpflichtung zum Steuerabzug nach § 50a EStG besteht?
Die Zuständigkeit für die Abzugsteuer nach § 50a EStG liegt beim BZSt. Das BZSt entscheidet im Rahmen der Zuständigkeit für die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens nach § 50a EStG, ob für Vergütungen eine Steuerabzugspflicht besteht.
Wer haftet für fälschlicherweise nicht abgeführte Steuern?
Der Vergütungsschuldner kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG, § 73g EStDV), wenn er seiner gesetzlichen Abzugsverpflichtung nicht nachgekommen ist. Ebenso kann gegen den Vergütungsgläubiger ein Nachforderungsbescheid erlassen werden (§ 50a Abs. 5 Satz 6 EStG).
Woher weiß der Vergütungsschuldner, für welches Land er welchen Steuerabzug vorzunehmen hat?
Informationen dazu finden Sie in dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Bei Staaten, mit denen Deutschland kein DBA abgeschlossen hat, scheidet eine Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG aus. Für jede Vergütung ist anhand des DBA das deutsche Besteuerungsrecht zu prüfen. Danach bestimmt sich, ob und ggf. in welcher Höhe Sie einen Steuerabzug vornehmen müssen.
Eine Übersicht über das deutsche Besteuerungsrecht an Lizenzgebühren erhalten Sie in der Reststeuersatzliste.
Gibt es eine Liste aller DBA?
Eine Übersicht über alle DBA finden Sie auf den Seiten des BMF.
Welche Folgen hat es, wenn kein DBA existiert?
Das deutsche Besteuerungsrecht sowie die Verpflichtung zum Steuerabzug besteht für alle Zahlungen an ausländische Vergütungsgläubiger, deren Ansässigkeitsstaat kein DBA mit Deutschland abgeschlossen hat. Dies bedeutet, dass der gesetzliche Steuerabzug in Höhe von 15 % zzgl. 5,5 % Solidaritätszuschlag für alle Zahlungen vorzunehmen ist.
Sollte ich den Steuerabzug nach § 50a EStG durchführen, wenn ich unsicher über die Regelungen im DBA bin?
Insbesondere zur Vermeidung eines Haftungsrisikos sollte der Vergütungsschuldner den Steuerabzug durchführen sowie die Steuern anmelden und abführen, wenn Unsicherheiten hinsichtlich der Regelungen im DBA bestehen. Zuvor kann der Vergütungsgläubiger auch einen Antrag auf Freistellung nach § 50c Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG stellen. Das BZSt prüft dann, ob der Vergütungsgläubiger abkommensberechtigt ist und eine Freistellungs-bescheinigung erteilt werden kann. Ist die Vergütung bereits gezahlt und wurden Steuern einbehalten, angemeldet und abgeführt, kann der Vergütungsgläubiger beim BZSt einen Antrag auf Erstattung der Abzugsteuer nach § 50c Abs. 3 EStG stellen.
Kann der Vergütungsschuldner die Freistellungsoption auch nachträglich anwenden, wenn bereits eine Steueranmeldung abgegeben wurde, bei der eine berechtigte Vergütung dem Steuerabzug unterworfen wurde?
Eine nachträgliche Inanspruchnahme ist nach § 50c Abs. 2 Satz 3 EStG ausgeschlossen.
Kontakt
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Referat St I B 5 - Abzugsteuern nach 50, 50a EStG
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