Verständigungsverfahren
Die hier gemeinten Verständigungsverfahren (erste Stufe in einem internationalen Streitbeilegungsverfahren) sind antragsgebundene Verwaltungsverfahren zwischen zwei Staaten. Sie schützen das Recht der Steuerpflichtigen, einem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) entsprechend besteuert zu werden. Ein DBA ist ein Abkommen zwischen zwei Staaten, das insbesondere die Zuordnung des Besteuerungsrechts für grenzüberschreitend erzielte Einkünfte regelt (z. B. bei Wohnsitz im einen Staat und Einkünften aus dem anderen Staat).
Führen nun Maßnahmen eines oder mehrerer Staaten zu einer einem DBA nicht entsprechenden Besteuerung (insbesondere Doppelbesteuerung), kann die betroffene steuerpflichtige Person ein Verständigungsverfahren beantragen. Für diese Verfahren ist in Deutschland das Bundeszentralamt für Steuern die zuständige Behörde. Liegen alle Voraussetzungen vor, versuchen die betroffenen Staaten den Besteuerungskonflikt durch eine Verständigung zu lösen. In der Regel kann so eine Doppelbesteuerung vermieden werden.
Können sich die betroffenen Staaten in Ausnahmefällen nicht einigen, kann zur Lösung des Konflikts ein Schiedsverfahren (zweite Stufe in einem internationalen Streitbeilegungsverfahren) vorgeschrieben sein. Dies ist abhängig von der jeweiligen Rechtsgrundlage, nach der ein Verständigungsverfahren beantragt wurde.
Hinweis
Aufgrund technischer Probleme stehen derzeit die Kontaktformulare nicht zur Verfügung. Wir arbeiten mit Hochdruck an der Behebung.
Wir danken Ihnen für Ihr Verständnis!
Ziele
Verständigungsverfahren haben das Ziel
- das Recht des Steuerpflichtigen auf dem Abkommen entsprechende Besteuerung zu schützen und
- eine einem DBA nicht entsprechende Besteuerung (z. B. eine Doppelbesteuerung) zu vermeiden.
Rechtsgrundlagen
Internationale Streitbeilegungsverfahren beruhen auf den folgenden Rechtsgrundlagen:
DBA
Die rechtliche Grundlage für ein Verständigungsverfahren ist in den jeweiligen DBA zu finden. Deutschland hat DBA mit über 90 Staaten weltweit abgeschlossen. Die meisten dieser DBA folgen dem international verbreiteten OECD-Musterabkommen. Im OECD-Musterabkommen finden sich die Regelungen über Verständigungsverfahren in Artikel 25. Die Verständigungsklauseln der DBA sehen vor, dass eine Person, die von einer der oben genannten Maßnahmen betroffen ist, ein Verständigungsverfahren beantragen kann. Das BZSt leitet das Verständigungsverfahren ein, wenn es den Antrag für zulässig und die Einwendung für begründet hält und innerstaatlich keine Lösung herbeigeführt werden kann.
Neuere DBA enthalten häufig Regelungen, nach denen – in der Regel auf Antrag – nach erfolglosem Verständigungsverfahren zur Lösung des Konflikts ein Schiedsverfahren vorgeschrieben ist.
EU-Schiedskonvention
Die EU-Schiedskonvention gilt im Verhältnis zu anderen Mitgliedstaaten der EU. Sie kommt als Rechtsgrundlage für Verständigungsverfahren ausschließlich für Unternehmen in Betracht. Weitere Informationen erhalten Sie im Bereich der Verständigungsverfahren für Unternehmen.
EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG)
Das EU-DBA-SBG ist ausschließlich zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Deutschland und einem oder mehreren anderen Mitgliedstaaten der EU anwendbar. Die Durchführung eines Verständigungsverfahrens nach dem EU-DBA-SBG setzt voraus, dass eine betroffene Person dies durch Einreichen einer „Streitbeilegungsbeschwerde“ beantragt. Darüber hinaus muss die betroffene Person darlegen können, dass eine Maßnahme im Ergebnis zu einer Streitfrage zwischen den betroffenen Verwaltungen geführt hat oder führen wird. Die Darlegung einer Streitigkeit zwischen Steuerpflichtigem und Verwaltung genügt nicht.
Führt ein Verständigungsverfahren nach dem EU-DBA-SBG innerhalb von zwei (bzw. bei Verlängerung drei) Jahren zu keiner Einigung, kann die betroffene Person innerhalb von 50 Tagen nach Bekanntgabe über die fehlende Einigung ein Schiedsverfahren beantragen, durch das die Doppelbesteuerung auf jeden Fall beseitigt wird.
Verhältnis der Streitbeilegungsverfahren zueinander
Bei der Beantragung von Verständigungsverfahren nach dem EU-DBA-SBG sollten unbedingt die rechtlichen Konsequenzen dieses Gesetztes überprüft und beachtet werden. Sobald die betroffene Person ein Verfahren nach dem EU-DBA-SBG initiiert, sind zuvor beantragte bzw. bereits eingeleitete Verfahren nach einem DBA von Amts wegen zu beenden. Nach Einlegung der Streitbeilegungsbeschwerde oder nach Beendigung des Verfahrens nach dem EU-DBA-SBG ist ein Antrag auf Durchführung eines Verfahrens nach einem DBA als unzulässig abzulehnen. Entsprechend ist auch bei gleichzeitiger Beantragung eines Verfahrens nach dem EU-DBA-SBG und eines Verfahrens nach einem DBA zu verfahren. In diesen Fällen sind die Anträge auf Durchführung eines Verfahrens nach einem DBA abzulehnen. Dieser Vorrang gilt allerdings nur, soweit das EU-DBA-SBG anwendbar ist.
Verfahrensbeschreibung
Das Merkblatt enthält ausführliche Informationen zur Durchführung von Verständigungs- und Schiedsverfahren in Deutschland.
Steuerpflichtige, die der Auffassung sind, dass ihre Besteuerung gegen ein DBA verstößt, können ein Verständigungsverfahren nach einer der oben genannten für sie einschlägigen Rechtsgrundlagen beantragen. Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) ist in Deutschland die für solche Verfahren zuständige Behörde. Anträge auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens sind direkt beim BZSt zu stellen. Nicht in Deutschland ansässige Personen müssen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens in der Regel bei der zuständigen Behörde ihres Ansässigkeitsstaats beantragen. Abhängig von der Rechtsgrundlage ist ein Antrag ggf. zusätzlich im anderen Staat zu stellen
Nach Eingang des Antrags prüft das BZSt zunächst, ob die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verständigungsverfahrens erfüllt sind. Nur wenn der Antrag zulässig und begründet ist und in Deutschland nicht abgeholfen werden kann, wird der zwischenstaatliche Teil eines Verständigungsverfahren geführt.
Das Verständigungsverfahren dient dazu, Steueransprüche zwischen zwei Staaten abzugrenzen. Verfahrenspartner sind daher allein die beteiligten Vertragsstaaten. Die antragstellende Person selbst ist nicht an dem Verfahren beteiligt. Sie wird jedoch regelmäßig über den Stand und Fortgang des Verfahrens informiert. In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle kommt eine Verständigung zwischen den Staaten zustande.
Die Verständigungslösung kann in der Regel erst verbindlich werden, wenn sich die steuerpflichtige Person mit ihr schriftlich einverstanden erklärt, auf die Einlegung von Rechtsmitteln verzichtet und anhängige Rechtsmittel zurücknimmt.
Keine Gebührenpflicht
Das BZSt erhebt keine Gebühren für ein Verständigungsverfahren
(abgesehen von Vorabverständigungsverfahren, siehe Advance Pricing Agreements für Privatpersonen oder Unternehmen).
Hinweise zur Antragsstellung
Hinweis zur Antragstellung
Sobald ein Verfahren nach dem EU-DBA-SBG beantragt wird, sind zuvor beantragte bzw. bereits eingeleitete Verfahren nach einem DBA oder der EU-Schiedskonvention von Amts wegen zu beenden.
Liegt schon ein Antrag nach EU-DBA-SGB vor, sind später gestellte Anträge auf Durchführung eines Verfahrens nach einem DBA oder der EU-Schiedskonvention als unzulässig abzulehnen.
Empfänger
Ein Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach einer der oben genannten Rechtsgrundlagen ist an das BZSt zu richten:
Bundeszentralamt für Steuern
Verständigungsverfahren
An der Küppe 1
53225 Bonn
Deutschland
Nicht in Deutschland ansässige Personen müssen die Einleitung eines Verständigungsverfahrens in der Regel bei der zuständigen Behörde ihres Ansässigkeitsstaats beantragen. Abhängig von der Rechtsgrundlage ist ein Antrag ggf. zusätzlich im anderen Staat zu stellen.
Ein Antrag nach EU-DBA-SBG ist bei allen zuständigen Behörden in den betroffenen EU-Mitgliedstaaten gleichzeitig und mit den gleichen Angaben einzureichen. Eine Ausnahme davon gibt es für Privatpersonen und kleine Unternehmen.
Betrifft ein Sachverhalt mehrere in Deutschland ansässige Personen
(wie beispielsweise bei Personengesellschaften), soll das Verständigungsverfahren nur von allen betroffenen Personen gemeinsam beantragt werden. Die antragstellenden Personen sind angehalten, einen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen, der ermächtigt ist, für sie sämtliche Verwaltungsakte und Mitteilungen in Empfang zu nehmen.
Fristen
Ein Antrag auf Grundlage eines DBA muss in der Regel innerhalb der Frist gestellt werden, die im anwendbaren DBA angegeben ist. Sollte im anwendbaren DBA keine Frist vorgesehen sein, ist der Antrag grundsätzlich innerhalb von vier Jahren nach Bekanntgabe der Besteuerungsmaßnahme, die zu einer doppel- bzw. abkommenswidrigen Besteuerung führt, gestellt werden.
Anträge auf Grundlage der EU-DBA-SGB sowie der EU-DBA-SBG sind innerhalb von drei Jahren zu stellen. Die Antragsfrist beginnt mit der ersten Mitteilung der Maßnahme, die im Ergebnis zu einer Doppelbesteuerung bzw. Streitfrage geführt hat oder führen wird.
Erforderliche Unterlagen
Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens muss - je nach Rechtsgrundlage - die folgenden Angaben und Unterlagen enthalten (siehe auch "Übersicht erforderliche Unterlagen für Privatpersonen"):
- Name, Anschrift (Sitz), Steuernummer und örtlich zuständiges Finanzamt der antragstellenden Person (soweit einschlägig auch ausländische zuständige Finanzbehörde);
- eine Erläuterung zur Antragsberechtigung;
- detaillierte Angaben zu den für den Fall relevanten Tatsachen und Umständen;
- Angaben zu den vom Antrag betroffenen Besteuerungszeiträumen;
- Kopien der Steuerbescheide, des Betriebsprüfungsberichts oder vergleichbarer Dokumente, die zu der behaupteten Doppelbesteuerung geführt haben oder zu führen drohen, sowie weiterer bedeutsamer Dokumente (z. B. Verträge, Anträge auf Erstattung/Ermäßigung ausländischer Quellensteuer); dies gilt auch dann, wenn diese der örtlich zuständigen Behörde (Finanzamt) bereits vorliegen;
- Angaben über im Ausland gestellte Erstattungsanträge und – soweit verfügbar – die Antwort des ausländischen Staates
- detaillierte Angaben zu etwaigen außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren und etwaigen den Fall betreffenden Gerichtsurteilen im In- und Ausland sowie Angaben, ob und ggf. in welcher Höhe die Aussetzung der Vollziehung beantragt wurde
- eine Darlegung seitens der abkommensberechtigten Person, inwiefern nach ihrer Auffassung die Besteuerung im In- oder Ausland nicht dem Abkommen entspricht bzw. eine Streitfrage vorliegt;
- den Antrag der abkommensberechtigten Person;
Zusätzlich bei Verfahren nach EU-DBA-SBG:
- die von der Streitbeilegungsbeschwerde betroffenen Mitgliedstaaten
- Verweis auf die anzuwendenden nationalen Vorschriften und Abkommen oder Übereinkommen; ist mehr als ein Abkommen oder Übereinkommen anwendbar, ist anzugeben, welches Abkommen oder Übereinkommen in Bezug auf die maßgebliche Streitfrage ausgelegt wird;
- eine Erklärung der betroffenen Person, in der diese sich verpflichtet, alle angemessenen Anfragen einer zuständigen Behörde der betroffenen Mitgliedstaaten vollständig und umgehend zu beantworten und auf Anfrage den zuständigen Behörden alle angeforderten Unterlagen und Nachweise zu übermitteln;
- soweit vorhanden, Angaben zu von der betroffenen Person beantragten Verständigungsverfahren oder Schiedsverfahren über dieselbe Streitfrage und denselben Besteuerungszeitraum mit Kopien aller Belege
- eine Erklärung der betroffenen Person, die Bestimmungen des § 4 Absatz 4 EU-DBA-SBG einzuhalten;
- alle weiteren Informationen, die für die inhaltliche Prüfung des jeweiligen Falls hinsichtlich der Streitfrage von der betroffenen Person als erforderlich erachtet werden
Vorschriften
Merkblätter
Kontakt
Bundeszentralamt für Steuern
Verständigungsverfahren
An der Küppe 1
53225 Bonn
Telefon: +49 228 406-0
Fax: +49 228 406-3118
Zuständigkeitsbereich: Verständigungsverfahren
Hinweis:
Zuschriften oder Anträge, die Rechtswirksamkeit entfalten sollen, können auf diesem Weg nicht bearbeitet werden. Wir bitten daher um die Einhaltung des normalen Postwegs.
Bei einer unverschlüsselten Kommunikation per E-Mail kann nicht ausgeschlossen werden, dass Nachrichten im Einzelfall durch Dritte auf dem Übertragungsweg mitgelesen oder verändert werden.
Im Hinblick auf § 87a Absatz 1 Satz 3 der Abgabenordnung (Verschlüsselungsgebot) wird das Bundeszentralamt für Steuern daher mit Ihnen nur mit Ihrer Zustimmung unverschlüsselt elektronisch kommunizieren.